Schuldenschnitt trifft private Investoren
Auch in den
vergangenen Wochen sind die deutschen Kapitalmarktzinsen historisch tief
geblieben. Die Details zum Schuldenschnitt in Griechenland haben die
Marktteilnehmer in ihrer Vermutung bestätigt, dass die Politik gerne zu Lasten
privater Anleihegläubiger ihre eigenen Versäumnisse korrigiert. Investments in
Staatsanleihen schwacher Euro-Länder sind daher, zumindest für private Käufer,
sehr riskante Unterfangen. Denn im Gegensatz zum Internationalen Währungsfonds
(IWF) oder der Europäischen Zentralbank (EZB), die im Griechenland-Desaster in
ihrer Stellung als Gläubiger klar besser gestellt sind, trifft die privaten
Investoren der Schuldenschnitt voll. Warum sollten private Anleger dann in
Zukunft eigentlich schwächeren Ländern überhaupt noch Geld leihen? Das hält die
Nachfrage nach deutschen Bundesanleihen vorerst hoch und damit die Renditen
tief.
Die Ereignisse der letzten Wochen bestätigen das von uns
schon mehrfach beschriebene Drehbuch zur Krisenbewältigung. Dieselben
Politiker, die noch vor 18 Monaten private Investoren und Banken dazu
aufgefordert haben, Griechenland zu finanzieren und auf die Prognosen von
EU-Kommission und IWF in Bezug auf die Sanierungsanstrengungen der Griechen zu
vertrauen, haben jetzt einseitig zu Lasten genau dieser privaten Gläubiger die
Entschuldung Griechenlands gestartet. Das Ganze wird auch noch als freiwilliges
Paket bezeichnet, obwohl es sich natürlich um einen klaren Fall von
Staatsbankrott handelt. Dieses Muster wird weitergehen. Über die nächsten Jahre
wird Land für Land, beginnend demnächst mit Portugal, auf diese Weise eine
Schuldenreduktion versuchen - ohne die betroffenen Länder aus dem Euro-Verbund
herauszunehmen. Da jedoch mit den begleitenden Sparpaketen die jeweiligen
Volkswirtschaften völlig stranguliert werden, werden diese Schuldenschnitte am
Ende doch nicht reichen und der Austritt aus dem Euro wird kommen.
EZB gibt Politik Flankenschutz
Der wichtigste Verbündete für die Politik ist inzwischen die EZB geworden. Vor
Jahren noch undenkbar, war die EZB bzw. die Bundesbank doch bis dahin ein
Regulativ der Politik und kein Handlanger. Mit der gestrigen Zuteilung von 530
Mrd. Euro für drei Jahre zu einem Zinssatz von 1% an über 800 Banken hat die
EZB dem Patienten nach Dezember die zweite Dosis Morphium gespritzt. Damit hat
die EZB den Banken mittlerweile mehr als 1.000 Mrd. Euro Liquidität praktisch
umsonst zur Verfügung gestellt. Und wie schon im Januar werden sich viele
dieser Banken dankbar erweisen, indem sie spanische, italienische und
französische Staatsanleihen mit Laufzeiten bis zu drei Jahren kaufen und sich
über die sicher verdiente Zinsmarge freuen. So kann man Staaten finanzieren,
Zinskosten für diese Staaten senken und gleichzeitig seinen Banken zu mehr
Gewinn verhelfen. Das klingt nach einem perfekten ‚Tischlein deck Dich‘ und
genau so sieht das auch Präsident Sarkozy, der dieses Vorgehen mit Vehemenz
gefordert hat. Wenn sich jemand fragt, wo denn diese 1.000 Mrd. Euro der EZB
eigentlich herkommen – ja, die Antwort ist richtig: Sie kommen aus dem Nichts,
sie sind einfach nur ein Eintrag in der Bilanz der EZB. Im Volksmund nennt man
das ‚Geld drucken‘. Genau dieser Flankenschutz der EZB ist es, der die
Politiker inzwischen trotz allem Stress der ewigen und mühsamen
Rettungspaket-Verhandlungen wieder ruhig schlafen lässt. Der Vorrat an Morphium
bei der EZB ist ja unbeschränkt und jetzt, wo wir wissen, dass dort jemand
operiert, der gerne und jederzeit Morphium spritzt, kann man sich darauf
verlassen. Aus der Medizin wissen wir, dass die Belastung des Körpers trotzdem
irgendwann zum finalen Kollaps führt, auch wenn keine Schmerzen zu spüren sind.
Obwohl Frau Merkel in der internationalen Presse als die
Eiserne Lady gezeichnet wird, die halb Europa mit ihrer Spardisziplin
terrorisiert, sind die Weichen längst anders gestellt. Deutschland steht als
einsamer Rufer da. Alle anderen großen EU-Länder wollen sich harte Reformen
ersparen und werden versuchen, über eine Inflationierung das Problem der
Staatsschulden an ihre Sparer und Gläubiger abzudrücken. Spanien und Italien
werden diesen Weg gehen. England ist schon voll dabei mit Inflationsraten von
5% und Zinsen von 2%. Frankreich wird mit dem wahrscheinlichen Wahlsieg von
Francois Hollande die ohnehin zaghaften Konsolidierungsbemühungen von Sarkozy
genauso wie die von Deutschland geforderte Schuldenbremse kippen. Wenn die
Achse Paris-Berlin unter Spannung gerät, dann startet die wirklich prägende
Phase zur Zukunft des Euro. Derzeit sieht es so aus, als ob die großen
Mittelmeerländer mit der EZB Deutschland isolieren könnten.
Historische Chance zur Sicherung langfristiger Tiefzinsen
Für Sie hat das
vorerst noch positive Konsequenzen. Die Baugeldzinsen sind auf historisch
tiefem Niveau festgezurrt, mit wenig Spielraum nach oben. Deutsche
Staatsanleihen bleiben als Hort der Sicherheit gefragt und das drückt auch die
Baugeldzinsen. Damit sind Sie als Baufinanzierer in Deutschland der große
Profiteur der Euro-Krise. Und die Immobilienpreise steigen in vielen
strukturstarken Gebieten auch an. Ohne die Krise wären die Zinssätze in
Deutschland, bezogen auf unsere eigene Konjunkturentwicklung, zumindest 2-3
Prozentpunkte höher. Diese historische Chance zur Sicherung langfristiger
Tiefzinsen gilt es unbedingt zu nutzen, solange sie besteht.